Führung im Rahmen der Architektouren der Bayerischen Architektenkammer 2018:
Wie die Besatzung auf dem Deck einen Schiffes erlebten die Gastgebenden die fast 120 architekturbegeisterten Besucherinnen und Besucher, die sich wie Passagiere einem Schiff am Hafen nähern.
Danke für das große Interesse und die vielen Fragen zu diesem Bauprojekt!
In zweiter Reihe hinter den unmittelbar am Seeufer des Ammersees gelegenen Grundstücken liegt ein üppig bemessenes Anwesen, das seit mehreren Generationen schon Heim und Grund für die Bauten verschiedener Familienmitglieder ist. Drei darauf gebaute Häuser geben Zeugnis über die Zeit ihrer Errichtung, über nachträgliche Um- und Anbauten sowie individuelle ästhetische Vorlieben dort lebenden Menschen. Zu dem Dreier-Ensemble gehört auch ein Einfamilienhaus, das die typischen Züge der 1960er Jahren trägt. Ein junges Ehepaar lebt hier, sie fühlen sich wohl und wünschen sich doch Veränderung. Das Herzstück des Hauses soll erhalten bleiben, ein großzügiger Anbau mehr Raum für die gewachsene Familie bieten.
Der Herausforderung, das Haus über sich hinauswachsen zu lassen, stellen sich die Architekt*innen behutsam.
Zunächst wird der geplante Anbau als eigenständiges Element betrachtet, das die Bedürfnisse seiner Bewohner*innen berücksichtigt: Die großzügige Terrasse umschließt den Anbau, ein mit weißen Stahlblechplatten verkleideter Kubus, wie die Reling das Deck eines Schiffes dreiseitig. An den weiß gestrichenen Stahlträgern sind Rollos und eine fahrbare Dachkonstruktion verbaut, so dass sich die Terrasse wie ein Pavillon bei Bedarf vollständig verschließen lässt und Schutz vor Wind und Wetter bietet. Gleichzeitig bildet die weit herausragende Terrassenfläche die Überdachung des darunter liegenden Carports, welcher der im ursprünglichen Anbau des Hauses liegenden Garage vorgelagert ist und nun Platz für ausreichend Stellflächen schafft.
Der Übergang von Innen- zu Außenraum scheint nahtlos ineinander zu verschmelzen: dunkle Eichenbohlen im Inneren setzen sich optisch in Form von farblich angeglichenen Feinsteinzeugplatten fort.
Zum Altbau führt nun ein gläserner Verbindungsgang, der Blick über die Gartenanlage bis hinaus auf den Ammersee lädt auch hier zum Verweilen ein.
„Pavillon auf dem Dach“ tauften die Architekt*innen dieses Gebäudeensemble, mit dem eine harmonische Verbindung zwischen Altbestand und modernem Anbau geschaffen wurde.
So, wie die Bewohner*innen des Hauses gewachsen sind, Äußerlichkeiten, Haltung, Vorlieben sich geändert haben und doch im Kern immer sie selbst bleiben werden, hat auch das Haus eine Veränderung vollzogen: ist prosperiert und sich dabei treu geblieben.
Fotografie: Rainer Viertlböck